Fischerei & Naturschutz
Von Horst Stolzenburg
15 Millionen aufgelegte Eier, 1 Million Smolts im Jahr, eine Lachszuchtanlage mit 200 Rundstrombecken, Elterntierhaltung inklusive Rekonditionierung. Dazu ein Schulungs- und Ausbildungszentrum in Sachen Lachs. Die Macher von Deutschlands größtem Lachszentrum an der Haper Talsperre bei Ennepetal haben sich viel vorgenommen. Doch die hochtrabenden Pläne sind nicht aus der Luft gegriffen: Noch sieht alles ein wenig provisorisch aus: riesige Kunststoffbecken liegen auf der Wiese, unterhalb der Staumauer steht eine Zeltkonstruktion in der vier große, runde Kunststoffbecken aufgebaut sind: Kinderstuben für kleine Lachse und Seeforellen. Der Probebetrieb der Anlage läuft und hat sich bereits bewährt.
Die Väter dieser Idee sind der Präsident des Landesfischereiverbandes Westfalen Lippe e.V, Dr. Rainer Hagemeyer und der Kreuztaler Fischzüchter Dietmar Firzlaff. Beide Männer trugen die Idee schon seit ein paar Jahren mit sich herum, bis sich dann an der Hasper Talsperre die Möglichkeit eröffnete, den Planungen auch Taten folgen zu lassen. Sie wollen zum einen die Wiederbesiedelung des Ruhrflusssystems mit Lachssetzlingen fördern, aber auch andere Lachsprojekte in Deutschland unterstützen. Dabei soll qualitativ hochwertiges Besatzmaterial erzeugt werden. Die Gestehungskosten der Eier bzw. Fische sollen um mehr als 50% im Vergleich zu heute üblichen Preise reduziert werden. So wie es jetzt aussieht, können die Initiatoren nicht nur das hervorragende Talsperrenwasser für die Zucht und Aufzucht der Lachse und Seeforellen verwenden, vielmehr stehen ihnen auch die Gebäude des ehemaligen Wasserwerkes auf dem Gelände für ihre Zwecke zur Verfügung.
Das eröffnet dem Projekt Möglichkeiten, die es in dieser Form in ganz Deutschland bisher nicht gibt. Denn neben der Produktion von Lachssetzlingen soll ein weiterer Schwerpunkt des Lachszentrums auf der Aus- und Weiterbildung sowie der Durchführung von Workshops mit internationaler Beteiligung liegen. Politik und Verwaltung betrachten diese Aktivitäten wohlwollend, berichten die Lachsfachleute, die anfänglich mit vielen Widerständen zu kämpfen hatten und die sprichwörtlich dicken Bretter bohren mussten.
Im ehemaligen Wasserwerk sollen die vorhandenen Räumlichkeiten zu Unterrichtszwecken genutzt werden. Fachleute können hier Angler oder andere Interessierte in die Materie einführen. Geplant ist auch die Einrichtung einer Wohnung für das Personal, (Fischwirt, Biologe) das die Anlage betreuen soll.
Die Anlage arbeitet zur Zeit im Probebetrieb und wird in vier Wochen umgebaut und auf zirka 20 Becken erweitert, dann könnten hier in einem ersten Schritt schon 50 000 Smolts erzeugt werden. Vorgesehen ist, die Kapazitäten in Modulbauweise zu je 20 Becken auf die vorgesehene Endgröße von 200 (!) Becken schrittweise zu erweitern. Mit der Fertigstellung rechnen die Betreiber je nach Fortgang der Arbeiten in drei bis fünf Jahren. Die Becken sollen nicht nur der Aufzucht der kleinen Lachse dienen, sondern auch für die Elternfischhaltung und die Rekonditionierung abgestreifter Elterntiere Verwendung finden. Das ganze Projekt funktioniert über einen Sponsorenpool, wobei der Stromerzeuger Mark E zur Zeit an erster Stelle zu nennen ist.
Die Unterstützung bewegt sich im sechsstelligen Bereich. Betreiber der Anlage ist ein extra gegründeter Verein: Lachszentrum Hasper Talsperre e.V. Ein zweiter Verein, Der Atlantische Lachs e.V., will die Lachsaktivitäten in ganz Deutschland und Europa unterstützen. Es geht dabei unter anderem um Know-How-Transfer oder auch die Verteilung finanzieller Mittel und die Förderung des Mäzenatentums. Unterstützt werden soll aber auch die überregionale Kooperation und Allianzen zwischen Wissenschaftlern, Praktikern, Politik und Wirtschaft. Zusätzlich sollen die fachlichen Rahmenbedingungen erforscht werden. Das Hauptaugenmerk gilt im großen Rahmen der Optimierung der Wildlachsbestände, um nur einige Ziele des Vereins zu umreißen.
Tief unter der Staumauer, im sogenannten Kontrollgang, wurden die ersten Brutschränke aufgestellt, in denen 80 000 Lachseier schwedischer Herkunft aufgelegt wurden. Unter kontrollierten Bedingungen können sich hier die kleinen Fische entwickeln, bevor sie in die Rundstrombecken der Außenanlage umgesetzt werden.
Für die Macher des Projektes ist klar, dass sie neben dem Wiedereinbürgerungsprojekt des Lachses an der Ruhr auch weitere Lachsinitiativen in Deutschland unterstützen können. Oberstes Ziel dabei: die Qualität des Materials zu sichern und dabei kostengünstig arbeiten.
Fischwaid Heft 3 Mai/Juni 2002